Wie der Golfclub Schloss Klingenburg die Nähe zur Natur pflegt...

08. Sep 2022

Wie der Golfclub Schloss Klingenburg die Nähe zur Natur pflegt...

Ein lesenswerter Artikel in der Günzburger Zeitung, geschrieben und bebildert von unserem langjährigen Mitglied Claudia Jahn.

Günzburger Zeitung, 08. September 2022 - von Claudia Jahn

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Dass Pflanzen und Tiere zwangsläufig weichen müssen, wo sich der Mensch zu seinem Freizeitvergnügen ausbreitet, bestreiten die Verantwortlichen des Golfclubs Schloss Klingenburg. Sie treten den Gegenbeweis an. Ein Ortstermin.

„Der ganze Golfplatz ist ein einziges Insektenhotel!“ – das ist die begeisterte Feststellung von Gunther Hardt, dem Umweltbeauftragten des Deutschen Golfverbandes. Der Sachverständige für Vegetationstechnik berät seit Jahren den Golfclub Schloss Klingenburg in Sachen Biodiversität und freut sich außerordentlich über die gelungenen Umsetzungen seiner Vorschläge hinsichtlich einer noch naturnäheren Pflege des gesamten Areals.

Ein weitgehend ungenutztes, als Ackerland untaugliches Gelände mit vielen sauren Wiesen, die maximal als Schafweiden Verwendung fanden – das waren weite Teile des Anwesens, das sich von der Klingenburg (Gemarkung Schönenberg, ein Gemeindeteil von Jettingen-Scheppach) aus ins Mindeltal erstreckte. Die Gründerväter des Golfclubs Klingenburg rund um Gründungspräsident Ferdinand Markt und auch die Besitzerin des Geländes, Baronin Elisabeth von Bonnet, haben damals vor 40 Jahren mit dem Platzarchitekten Donald Harradine das Potenzial des Geländes erkannt und den Platz bestmöglich in die bestehende Landschaft eingefügt.

Alte Baumbestände wurden, soweit es ging, erhalten und zusätzlich 60.000 Bäume auf dem 110 Hektar großen Gelände gepflanzt. Diese Bäume haben über die Jahre eine stattliche Größe erreicht und prägen nun das gesamte Erscheinungsbild der natürlichen hügeligen Kulisse am Hochufer der Mindel entscheidend. Aus den damals als relativ wertlos bezeichneten Schafswiesen ist eine ökologisch wertvolle Parklandschaft entstanden, die darüber nicht exklusiv den Clubmitgliedern zur Verfügung steht, sondern sich mit ihren gepflegten Rad- und Spazierwegen großer Beliebtheit in der Öffentlichkeit erfreut.

Greenkeeper Josef Rudhart, der selbst Golfspieler ist und seit rund acht Jahren verantwortlich zeichnet für die Platzpflege, legt großen Wert auf die Vereinbarkeit eines gut funktionierenden Sportplatzes mit den Anforderungen eines ökologisch im Gleichgewicht stehenden Naturgeländes. Er und der amtierende Präsident Joachim Lichtblau sind stolz darauf, dass sie für „ihren“ Platz bereits zum zweiten Mal dafür die höchste Auszeichnung des Golfverbandes, das „Zertifikat Golf und Natur“ in Gold erhalten haben.

Bereits beim Betreten des Geländes erfreut eine Blühwiese am Parkplatz oberhalb des Sportareals die Gäste und Mitglieder. Sie bietet Lebensraum für viele Insekten, darunter Bienen und Schmetterlinge. Die Apfel- und Birnbäume auf dem Weg hinunter zum Platz sind während der Blüte im Frühjahr eine Augenweide und laden im Sommer zum Mitnehmen der wohlschmeckenden Früchte ein. Gepflegt werden sie seit Jahren von einem tatkräftigen Clubmitglied, der die Bäume im Herbst fachkundig in Form bringt. In Kooperation mit einem lokalen Imker wurden auch Bienenkästen aufgestellt. Seit einigen Jahren kann der Golfplatz mit selbstproduziertem Honig aufwarten.

Das Augenscheinliche, dass Golfspielen und Unkraut sich nicht vertragen, relativiert Rudhart im Gespräch. Die Bestimmungen für den Einsatz von Herbiziden zur Platzpflege sind wesentlich strenger als beispielsweise in der Lebensmittelindustrie. Für die Pflege der Spielbahnen, die nur rund ein Drittel der Gesamtfläche des Clubareals ausmachen, setzt er mit seinen Mitarbeitern sehr selektiv Pflanzenschutzmittel ein, die ökologisch kompatibel und als zulässig gelistet sind. Eine intensivere Pflege benötigen lediglich die Grüns, die letztlich zusammen nur etwa einen Hektar der Gesamtfläche ausmachen.

Präsident Lichtblau unterstreicht, dass bereits vor Jahren Flächen zwischen den Spielbahnen und an deren Rändern bestimmt wurden, die der Natur überlassen werden. So haben sich im Laufe der Zeit naturbelassene Zonen herausgebildet, die zwar keine speziell ausgewiesenen Biotope sind, die aber durch ihre Natürlichkeit einer Vielzahl von Insekten und Amphibien einen perfekten Lebensraum bieten. Rund ein Drittel des gesamten Platzes ist inzwischen in einen ursprünglichen Zustand überführt worden. So bleibt das Unterholz auf diesen Flächen liegen. In den feuchten Auen zwischen den Teichen können Schilf und Rohrkolben gedeihen und sich Blutweiderich und gelbe Schwertlilien ungehindert ausbreiten. Am Waldrand werden Brennnesseln an vielen Stellen nicht abgemäht, sondern stehen gelassen. Und an den Teichen wird der Rasen nicht mehr bis an den Uferrand kurz geschnitten. Das entspricht zwar nicht dem angesagten Erscheinungsbild eines rundum gepflegten Golfplatzes früherer Jahre und erschwert darüber hinaus den Spielern die Suche nach einem fehlgeschlagenen Ball. Es ist aber die entscheidende Grundlage für Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere.

Ein weiteres Drittel des Platzes wird naturnah gepflegt. Das heißt, es wird nur einmal im Jahr gemäht. Schützenswerte Gebiete werden mit weißen Pfosten als sogenannte Auszonen definiert. Damit finden auch kleine Bewohner wie die Waldameisen die nötigen Ruhebereiche. Und zum Schutz der Erdbienen werden auch Absperrungen angebracht in Bereichen, wo sich diese seltenen Insekten eingenistet haben. Für Vögel wurden 70 Nistkästen über den ganzen Platz verstreut aufgehängt. Im Winter kümmern sich engagierte Clubmitglieder um deren Reinigung, damit die Kästen im Frühjahr Meisen, Stare und Baumläufer wieder in Besitz nehmen können.

Manches Kopfzerbrechen hat dem Präsidenten die Population der Biber bereitet, die sich in den Gewässern auf der Klingenburg offenkundig wohlfühlen. Es galt, Lösungsansätze für eine friedliche Koexistenz zu schaffen, um den gepflegten Baumbestand um die Teiche des Platzes nicht der Bautätigkeit dieser Nagetiere zum Opfer fallen zu lassen. Eine dieser Schutzmaßnahmen ist die Ummantelung der Bäume mit Hasengittern an markanten Stellen auf dem Platz.

Gerade die langjährigen Clubmitglieder sind stolz auf ein Wahrzeichen des Platzes: die sogenannte „Napoleonslinde“. Vor Jahrzehnten kränkelte sie noch vor sich hin, bevor die Clubmitglieder mit einer Spendenaktion die Sanierung dieses uralten Baumes in Angriff nahmen. Jetzt erhebt sich die Linde majestätisch in voller Pracht zwischen den beiden letzten Löchern des Platzes und verströmt während der Blütezeit weithin einen atemberaubenden Duft.

Im Herbst stimmen die Lebkuchenbäume auf dem Weg zur Driving Range mit ihrem Duft auf die kommende Weihnachtszeit ein. Diese Bäume müssen wohl genauso wie der riesige Mammutbaum, der ein Stückchen weiter des Weges im Wald seinen Platz gefunden hat, von Vorfahren des jetzigen Schlossherrn von dessen Reisen auf die Klingenburg gebracht worden sein und geben dem Platz ein wenig das Flair eines botanischen Gartens.

Dass Pflanzen und Tiere auf dem Platz ihren Platz gefunden haben, merken vor allem die Golfer, die in den frühen Morgen- oder Abendstunden auf die Runde gehen. Eichhörnchen, die über die Spielbahnen huschen, gehören zum normalen Erscheinungsbild. Aber auch Hasen lassen sich von den Spielern nicht groß stören. Sie sitzen auf Brückenstegen oder am Waldrand und beobachten das Geschehen ganz ungeniert.

Manchmal können sich die Spieler auch über Rehe freuen, die die Fairways ohne Hast überqueren oder friedlich am Waldrand äsen. Das abendliche Vogelgezwitscher in den Bäumen entlang der Spielbahnen begleitet die Golfer genauso wie die unüberhörbaren Froschkonzerte im Frühjahr an den Teichen, die sich längs der Spielbahnen erstrecken. Und manch ein Golfer, dessen Ball sich etwas in Richtung Ufernähe verirrte, hat schon die Bekanntschaft mit aufhüpfenden Fröschen gemacht, die sich in den Gräsern aufhielten. Die Teiche, die damals vor fast einem halben Jahrhundert zur Gestaltung des Platzes angelegt wurden, dienen mittlerweile auch zur Wasserbevorratung für die Bewässerung der Spielflächen. Dies erhält in den Tagen des immer spürbareren Klimawandels einen besonderen Stellenwert.

Clubmanager Andreas Gruhler, dem die Zertifizierung Golf und Natur bei Behördengängen viel Erleichterung schafft, bringt die Bemühungen des Clubs mit einem Zitat des Golfverband-Umweltbeauftragen Hardt auf den Punkt: „Golf ist die einzige Sportart, die Lebensräume schafft.“

Graslandschaft
Head-Greenkeeper Josef Rudhart, Clubmanager Andreas Gruhler, Präsident Joachim Lichtblau
Teiche

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